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Jubiläumsexpedition 2006

Großer Erfolg: 17 Naturfreunde auf dem Gipfel des Gasherbrum II

Ende Juli 2006 feierten die Naturfreunde Österreich einen ihrer größten bergsteigerischen Erfolge: Von 25 Teilnehmern ihrer Jubiläumsexpedition auf den 8035 m hohen Gasherbrum II standen 17 auf jenem Gipfel, der vor fünfzig Jahren von drei Österreichern erstmals erstiegen wurde.

 

Als der große Airbus der British Airways am 24. Juni 2006 von London Richtung Islamabad abhob, träumten 25 Bergsteiger ihrem Ziel entgegen: dem Gasherbrum II, auf Deutsch „leuchtende Wand“, sechs Tagesmärsche von der letzten bewohnten Ortschaft Askole entfernt, im hintersten Winkel des Karakorum. Dort hatten vor fünfzig Jahren drei österreichische Naturfreunde-Mitglieder Alpingeschichte geschrieben. Am 7. Juli 1956 war Sepp Larch, Hans Willenpart und Fritz Moravec der Gipfelsieg auf dem bisher unbestiegenen Bergriesen geglückt.

 

Seit damals haben sich die Mittel, Möglichkeiten und alpine Ausrüstung gewaltig verändert, das Ziel ist das gleiche geblieben.

 

Bevor die Teilnehmer der heurigen Jubiläumsexpedition der Naturfreunde Österreich mit der Besteigung des Gasherbrum II beginnen konnten, hieß es jedoch, einen Berg von Aufgaben zu bewältigen. Auf dem Programm standen Besprechungen mit der Agentur Hunza-Guides, ein Treffen im Alpinclub Pakistan, ein Meeting im Tourismusministerium und schließlich noch ein Briefing mit unserem pakistanischen Verbindungsoffizier – kurz LO genannt. Der aufkeimende Verdacht, dass wir mit LO wenig Freude haben würden, bestätigte sich leider allzu bald. Eine selbst ausgestellte Rechnung über 500 Euro für zwei Jeans stellte seine Offiziersehre bald in Frage. Zum Glück packte unseren „kleinen Prinzen“, wie er von uns genannt wurde, bald das Heimweh, und er verschwand aus dem Basislager auf Nimmerwiedersehen.

 

Auf dem Weg zum Basislager

Auf der zweitägigen Fahrt bis Skardu saßen wir insgesamt 25 Stunden in Autobussen, oft nur wenige Zentimeter von Abgründen getrennt oder von Steinschlag bedroht. Wirklich gefährlich wurde es für uns kurz vor Askole. Durch einen aufkommenden Sturm lösten sich aus einer Steilrinne immer wieder Steine und Felsbrocken. Wir waren in der Zwischenzeit auf geländegängige Jeeps umgestiegen, die wir nun verließen, um nacheinander die Rinne zu queren und erst nach dem gefährdeten Wegstück wieder einzusteigen. Schon glaubten wir, alles überstanden zu haben, als ein Stein die Windschutzscheibe eines Jeeps traf und zerschlug. Der Fahrer reagierte glücklicherweise äußert gelassen, hielt den Jeep in der Spur und fuhr ohne Scheibe weiter.

 

Am Freitag, dem 30. Juni, ging es für uns so richtig los. Sechs lange Tagesmärsche lagen vor uns. Unser mühsames und bei Temperaturen von über 30 Grad schweißtreibendes Unterfangen wurde mit prachtvollen Ausblicke belohnt. Die Trangotürme, der Paju Peak, die Cathedral Towers, der Masherbrum und der Muztagh Tower standen in ihrer ganzen Pracht vor uns. Langsam näherten wir uns einem der Höhepunkte des bisherigen Marsches: dem Concordia-Platz. Der Broad Peak steht zum Greifen nahe, und die mächtige Pyramide des K2 ragt abweisend und majestätisch Richtung Himmel.

Am letzten Wegstück zum Basislager gedenken wir beim Anblick der Chogolisa dem unvergesslichen Hermann Buhl, der dort 1957 tödlich verunglückt ist. Schließlich sehen wir den Gasherbrum I – den Hidden Peak – in voller Größe vor uns sowie ein Stück des Gletscherbruchs, der zu „unserem“ Gasherbrum II führt. Wir sind im Basislager auf rund 5000 m Höhe angelangt.

 

In der Nähe einer spanischen Expedition schlagen wir die Zelte auf. Das Jubiläumsjahr des Gasherbrum II hat zahlreiche Bergsteiger aus der ganzen Welt auf den Plan gerufen. Und während eine Reihe von Alpinisten das schöne Wetter nutzen und sich bereits in Gipfelnähe befinden, müssen wir uns erst einmal geduldig akklimatisieren. „Langsam, langsam“ heißt jetzt die Devise.

 

Durch den Eisbruch

Drei Tage später gibt es kein Halten mehr. Wir wollen den mächtigen Eisbruch erkunden. In der Nacht zum 8. Juli quält sich unsere Lichterkette erstmals über die mächtigen Eistürme in Richtung Lager 1 (5800 m). Wir sind vom Spaltenreichtum, der Unberechenbarkeit der Schneebrücken und der gewaltigen Länge überrascht. 12 km führt der gefährliche Weg hinauf zum Lager 1. Die nächtliche Kälte gibt den Eisbrücken einigermaßen Stabilität, doch sobald es wärmer wird, ist nur noch das Gehen auf dem straffen Seil möglich. Einige Spaltenstürze können auf diese Weise verhindert bzw. gemildert werden. In der Zwischenzeit sind unsere vier Träger unermüdlich beschäftigt, unsere Zelte, Schlafsäcke, Kocher und Lebensmittel nach oben zu transportieren und die Lagerkette aufzubauen. Bisher läuft alles planmäßig, und wir sind optimistisch.

 

Wetterpech und Höhenkrankheit

Stürmische Winde und starker Schneefall machen unsere Pläne zunächst zunichte. Erneut heißt es abwarten. Eine Büchertauschbörse wird eingerichtet, und zahlreiche „Bummerl“ werden ausgeschnapst.

Endlich verkündet unser Wetterdoktor Karl Gabl aus Innsbruck Hochdruckwetter, und am 22. Juli macht sich die erste Gruppe auf den Weg zum Einserlager.

Auf 5800 m Höhe treten bei unserem Expeditionsarzt Dr. Herbert Pötz plötzlich Symptome der Höhenkrankheit auf, und er muss schleunigst zurück ins Basislager gebracht werden. Alle machen bei dieser Rettungsaktion mit. Mit Hilfe des österreichischen Außenministeriums und der österreichischen Botschaft kann Dr. Pötz rechtzeitig ins Spital nach Skardu geflogen werden. Vorzeitig, aber gesund, tritt er die Heimreise nach Wien an.

 

Schwierig, aber machbar

Der Gasherbrum II gehört nicht zu den leichten Achttausendern, das spüren wir gleich bei unserer zweiten Bewältigung des Eisbruchs. Das Schönwetter hält an, und die Verhältnisse im Eisbruch werden immer tückischer; das zehrt im Aufstieg und noch mehr im Abstieg an den Kräften. Nach dieser Etappe geht es hinauf über die so genannte Banane zum Lager 2 (6350 m) und Lager 3 (6900 m), die über zahlreiche Steilstufen führt. Ins Lager 4 (7400 m) gelangt man über einen unangenehmen, im oberen Teil höchst brüchigen Grat. Die letzten 600 Höhenmeter zum Gipfel teilen sich in eine Querung und in die Gipfelwand, die immer steiler wird. Die letzten Schritte folgen einem ausgesetzten Grat zum Gipfel des 8035 m hohen Gasherbrum II.

 

Am Gipfel

Der Erste ist Helmut Seidl aus Frankenfels im Pielachtal; er lässt das Lager 2 und Lager 4 aus und steht am 26. Juli gegen 8 Uhr auf dem Gipfel. Einen Tag später folgen Hans Zacharias und Rudi Kobler. Am 28. Juli schaffen es Michael Großalber, Edi Dorfner, Ewald Hauer und Walter Arnold. Am nächsten Tag steigen Ignaz Gruber, Gerhard Rosenits, Hannelore Ebner, Joachim Moritz und Peter Plank zum Gipfel auf. Sepp Hinding, Hans Gebhart, Sepp Doppler, Wolfgang Kristinus und Peter Kalteis erreichen am 31. Juli die Spitze des Gasherbrum II.

Die erfolgreiche Bilanz: Aus der Gruppe von Sepp Hinding waren 11 von 13 Teilnehmern erfolgreich, aus der Gruppe von Ewald Putz erreichten 6 von 12 Teilnehmern den Gipfel.

 

Eine lang anhaltende Schönwetterperiode nach dem 22. Juli, bergsteigerisches Können, Willenskraft und eine große Portion Glück hatten diese Erfolge ermöglicht. Der Gasherbrum II war den Bergsteigern der Naturfreunde gut gesinnt.

 

Text von Hannelore Ebner, Expeditionsmitglied und Gipfelstürmerin

 

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Die Teilnehmer der Naturfreunde-Expedition

Team Niederösterreich:

Ewald Putz (Expeditionsleiter), Walter Arnold, Johann Ebner, Hannelore Ebner, Ignaz Gruber, Sigfried Jäger, Peter Kalteis, Wolfgang Kristinus, Eduard Nefischer, Willi Polleros, Gerhard Rosenits, Dr. Herbert Pötz (Expeditionsarzt)

 

Team Oberösterreich:

Sepp Hinding (Expeditionsleiter), Günter Ametz, Josef Doppler, Edi Dorfner, Hans Gebhart, Michael Grossalber, Ewald Hauer, Rudolf Kobler, Joachim Moritz, Peter Plank, Helmut Seidl, Johann Zacharias, Dr. Natascha Rudolf (Expeditionsärztin)

Das Expedionsteam im Lager 3
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