alpinistengilde.naturfreunde.at

Die 6 großen Nordwände der Alpen

Darunter versteht man die Nordwände des Eiger, Matterhorn jene der Grandes Jorasses sowie Petit Dru, Piz Badile und Großen Zinne. Der Begriff „groß“ wurde einst durch Fritz Kasperek (Erstbegeher der Eiger Nordwand) geprägt, der damit nicht nur die Wandhöhe sondern deren technische Schwierigkeiten und Gefahren zum Ausdruck bringen wollte. Das Ausnahmetalent Gaston Rebuffat war der Erste der alle sechs Nordwände bis 1952 durchstieg. Auch waren diese Wände immer wieder Schauplatz von Rekorden alpiner Spitzenkletterer wie Speed Begehungen, Wintersolobesteigungen oder Aneinanderreihungen (siehe Wikipedia).

 

Auch wenn mit moderner Ausrüstung diese Touren mittlerweile auch für ein sehr breites Bergsteiger Publikum zugänglich ist und regelmäßig durchstiegen werden, so kommt es heutzutage wesentlich mehr auf ein gutes „timing“ für gute oder brauchbare Bedingungen an.

 

Als großer Bewunderer klassischer Touren standen natürlich die großen Nordwände auch auf meiner ToDo Liste… Im Zuge des Alpinkader Hochtouren Lehrgangs in Chamonix Juli 2016 wurden natürlich große Ziele gesucht und wenn nicht dort wo sonst gefunden. Also ging es mit meinen Kader Kollegen   Richtung Leschaux Hütte unter die Nordwand der Grandes Jorasses. Sehr respekteinflößend stiegen wir in leichtem Regen über die Leitern zur Hütte die bereits mehrere Walkerpfeiler Aspiranten für den nächsten Tag beherbergte, unter anderem den weltklasse Athleten Dani Arnold mit einem Gast… Also werden die Verhältnisse doch nicht so schlecht sein dachten wir und nach einem kurzen Frühstück um 1 Uhr ging das Abenteuer los! Fantastische und anspruchsvolle Kletterei brachte uns schließlich höher und höher am Pfeiler. Doch auch nach stundenlanger Kletterei wollte die 1200m hohe Wand noch kein Ende finden und eine dünne Eisauflage machte die Sache bis zum Ende sehr spannend. Am Gipfel machten wir uns sofort bereit für den Abstieg. Bei vollkommener Dunkelheit biwakierten wir auf einem Gletscher Plateau und warteten schließlich auf den neuen Tag und die ersehnten ersten Sonnenstrahlen. Der Weg nach Courmayeur war dann nur mehr Formsache.

 

Zweiter Streich Eiger Nordwand: Einer der Höhepunkte in jeder Bergsteiger Kariere… So oder so ähnlich wird in diversen Führern von dieser Wand gesprochen. Die muss gemacht werden das zumindest steht fest! Jetzt müssen nur mehr die Verhältnisse und das Wetter passen dachte ich!? Wochenlanges beobachten der Wand durch die Webcam auf der Kleinen Scheidegg brachte mich schließlich Ende April 2017 zu der Entscheidung jetzt gilts. Mit meinem Freund Christoph gings nach Grindelwald und am nächsten Tag mit der ersten Bahn zur Wand. Gottseidank war der untere Teil bereits ganz gut gespurt und schnell befanden wir uns am steilen Riss wo das Seil angelegt wurde. Jetzt gings los und eine berühmte ja geschichtsträchtige Wandstelle folgte der Anderen. Im überfüllten Todesbiwak war jedoch erstmal Schluss für den ersten Tag und wir kochten uns Suppe und bereiteten uns für die Nacht vor. Als Letzte können wir das Biwak am nächsten Tag verlassen und anspruchsvoll ging es weiter durch die leider sehr trockene mit heiklem Neuschnee bepflasterte Wand. Die Ausstiegskamine gleichem einem Wasserfall und verlangen uns nochmals alles ab, bis wir auf das letzte betonharte Gipfeleisfeld gelangen. Es fängt an zu graupeln und die Luft ist elektrisch geladen, jetzt aber schnell. Innerhalb Minuten stehen wir zentimetertief in den runden Körnern und müssen über den extrem ausgesetzten Gipfelgrat zum Hauptgipfel. Das Gewitter zieht ab und wir stehen um 21 Uhr am Gipfel… Jetzt noch 1800hm in Hüfttiefen Schnee absteigen und das große Abenteuer Eiger Nordwand war vorbei. Ein zweites Biwak am Bahnsteig der Scheidegg Bahn und eines der besten (und teuersten) Frühstücke vollendeten diese unvergessliche (Tor)tour.

 

Jetzt muss natürlich auch noch das Matterhorn gemacht werden, so viel stand fest! Also ging es im Juni 2018 mit Alex nach Zermatt und mit der Bahn zum Trockenen Steg und weiter zur Hörnli Hütte. Dort im Winterraum war bereits einiges los und 3Uhr stürmten wir los Richtung Nordwand. Die guten Verhältnisse ließen uns sehr gut vorankommen und in schöner Genusskletterei kamen wir höher und höher, nur die fehlende Luft und der viel zu hohe Puls konnte uns noch vom Gipfel trennen. Der unbekannte Abstieg vom Matterhorn kostete uns noch viel Zeit ging aber auch schließlich vorbei.

Zwei Monate später: Schauplatzwechsel Große Zinne Nordwand Hasse Brandler Führe. Mit Thomas ist ein zweitätiger Zinnen Urlaub geplant. Äußerst luftig geht es über die eindrücklichen stellen hin zur verkehrten Riesentreppe. Ausgesetzter kann es wohl nicht mehr sein und mit Exen würgen geht es hin zum Ringband und damit zum Ende der Schwierigkeiten.

 

Die Badile Nordostwand braucht in diesem Bericht wohl kaum erwähnt werden, da diese hinsichtlich Schwierigkeit und Engagement wohl die allerleichteste dieser Kollektion ist, jedoch mit genußreicher und toller Kletterei für großen Andrang sorgt.

 

Der letzte Streich: Dru Nordwand. Der zerfallene Berg wird er oft genannt. Ein Berg der Superlativen hinsichtlich bergsteigerischen Leistungen und Bergstürzen! 2003 wurde durch einen gewaltigen Bergsturz leider der komplette SW (Bonatti) Pfeiler zerstört. Lediglich die amerikanische direkte Westwand Führe aus dem Jahre 1962 und Nordwand blieben großteils verschont. Diese beiden Führen können in Wandmitte über einen alten Bohrhaken Querung miteinander verbunden werden, da der obere Teil der Westwandführe zerstört wurde. Mit Timo den richtigen Mann für diese Hammer-Tour geht es also August 2019 unter diese gewaltige Felsnadel zum Einstieg, durchaus gespannt was uns da wohl erwarten wird… Da der untere Teil der Westwandführe fantastische Kletterei bietet war der Plan diese zu klettern und über die Bohrhaken in die Nordwand zu wechseln. Sehr anspruchsvoll geht es zur Sache aber Timo führt souverän die Schlüssellängen. Am Fuß der sogenannten 90m Verschneidungen biwakieren wir und warten auf den nächsten Tag. Schließlich geht es in die Nordwand und auch wenn nicht mehr ganz so schwer, sehr unübersichtlich suchen wir den Ausstieg Richtung Gipfel. Nicht endend wollend liegt schließlich auch diese Wand hinter uns und über die Abseilpiste gelangen wir zur Charpoua Hütte. Timo meint es wäre doch schön gleich weiter zum Auto nach Chamonix zu gehen und dort zu schlafen. Mach wir doch glatt sind ja nur noch zusätzliche 5-6 Stunden Abstieg… Um 3 Uhr morgens (nach 44 Stunden) stehen wir wieder am Auto und mit zittriger Hand öffne ich uns ein Bier nachdessen Genuss wir in einen tiefen Schlaf fallen! Froh und ein bisschen stolz diese Wände innerhalb vier Jahre abgehakt zu haben geht es auf ein ausgiebiges Frühstück nach Chamonix wo bereits zukünftige Abenteuer besprochen werden!

 

 

Text und Fotos von Michael Groher

75 m Verschneidung am Walker Pfeiler (2016)
Biwak Eiger Nordwand (2018)
Am Ende der Naht in der Matterhorn Nordwand (2018)
Hasse Brandler Führe Große Zinne Nordwand (2018)
90 m Verschneidung in der Dru Westwand Richtung Nordwand (2019)
Angebotssuche