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Tukuche Ri - vier Mürztaler Naturfreunde unterwegs im Himalaya

Diesmal ist es der richtige Fensterplatz! Beim Landeanflug auf Kathmandu präsentiert sich die mächtige Gebirgskette des Himalaya am Präsentierteller, zahllose Sechs- Sieben- und sogar ein paar Achttausender lassen sich durch das kleine Flugzeugfenster bewundern.

Kurz darauf treffen wir am Flughafen von Kathmandu auf Shiba Rijal, örtlicher Agenturinhaber und profunder Österreichkenner – immerhin lebte er mehrere Jahre in unserer Heimat. Er ist der Mittelsmann und Mitorganisator unserer nicht ganz alltäglichen Bergreise nach Nepal. Denn wir, das sind Martin, Hannes und Andi von der Bergrettung Mürzzuschlag sowie unsere Brucker Bergrettungskameradin Petra, wollen auf den Tukuche Ri, einen kaum bekannten, knapp 7.000m hohen Gipfel im Dhaulagiri – Annapurna – Gebiet, abseits der klassischen Trekkingrouten und Expeditionsziele.

 

Nach einem kurzen Aufenthalt in der unvergleichlichen Hauptstadt Nepals geht es mit einer kleinen Propellermaschine weiter über Pokhara nach Jomsom, einem Ort unweit des tiefsten Tales der Welt, der Kali – Gandaki – Schlucht. Von dort wandern wir nach Marpha, dem Talort unserer geplanten Tour. Auf rund 2.700m Seehöhe wachsen hier auf großen Plantagen saftige Äpfel, sozusagen das Apfelland Nepals.

 

In Marpha halten wir uns etwas länger auf und beginnen nach zwei Akklimatisationstagen mit dem Aufstieg zu unserem ersten Lager auf einer Alm, genannt Yak Kharka. Hier, auf 4.100m Seehöhe, weiden Ziegen und Schafe, allerdings bleibt es für uns unerklärlich, wovon sich die Tiere auf dieser kargen Hochfläche wirklich ernähren. Übergewichtige Ziegen sind uns keine begegnet.
Im Angesicht des rund 7.000m hohen Gebirgszuges des Nilgiri schlagen wir oder besser gesagt unser Trägerteam unsere Zelte auf. Weitere zwei Tage zum Gewöhnen an die Höhe und dem damit verbundenen immer weniger werdenden Sauerstoffgehalt der Luft sind eingeplant.

 

Nach dieser, von einigen gemütlichen kleinen Wanderungen unterbrochenen, Akklimatisationspause starten wir, im Angesicht des 8.167m hohen Dhaulagiri, dann endlich zur vermeintlich letzten langen Etappe in Richtung endgültiges Basislager im Hidden Valley auf etwa 5.100m Seehöhe. Doch eine für die Jahreszeit ungewöhnlich große Schneemenge am Anstiegsweg behindert unser Vorwärtskommen, sodass wir unweit des sogenannten Dhampus – Passes noch ein Zwischenlager einrichten müssen. Am nächsten Tag ist es dann aber so weit, wir sind im einsamen und menschenleeren Hidden Valley angekommen.


Leider hat Petra jedoch große Probleme mit der Höhenverträglichkeit und nach einer durchwachten Nacht entschließen wir uns, dass sie aus Sicherheitsgründen ins Tal zurückkehren muss. So geschieht es dann auch und plötzlich sind wir nur mehr zu dritt. Petra wird übrigens nach einer kurzen Erholungspause in der Zeit, in der wir versuchen, den Gipfel des Tukuche Ri zu erreichen, in tieferen Regionen rund um Pokhara einige wunderschöne Bergwanderungen erleben.

 

Für uns beginnt nun die Zeit für Akklimatisationstouren, unter anderem zum rund 5.400m hohen French Pass, die Zeit des abendlichen Dreierschnapsens und die Zeit für das Einrichten des Hochlagers auf knapp 6.100m.


Am French Pass finden wir ein völlig abgemagertes Maultier, welches nach einem Lawinenunglück Anfang Oktober mit zahlreichen Artgenossen von Expeditionsteams am Dhaulagiri einfach zurückgelassen wurde. Einige Maultierkadaver unweit des Passes zeugen von diesem traurigen Ereignis, bewirken aber auch, dass wir extrem scheue Schneeleoparden, die diese Kadaver natürlich als unerwartete Nahrungsquelle nutzen, beobachten können.
Doch zurück zu unserem lebendigen Maultier - nach kurzer Beratung, auch mit unserem einheimischen Begleiter Lale, versuchen wir, das Tier mit uns retour zum Basislager mitzunehmen, um es dort etwas aufzupäppeln.


Dies gelingt, zuletzt mit unseren Trägern, sogar, doch leider verstirbt das Tier einen Tag später direkt im Lager.

 

Bergsteigerisch sind wir in dieser Zeit mit dem Einrichten unseres Hochlagers beschäftigt. Bei zum Teil knietiefer Spurarbeit im Bruchharsch und rund 70 km/h Wind inklusive Temperaturen von unter -20 Grad eine etwas mühsame Sache. Dennoch gelingt es uns, auf knapp 6.100m ein kleines Lager zu errichten, welches uns beim Gipfelversuch als Stützpunkt dienen soll.
Nach zwei weiteren Ruhetagen im Basislager ist es so weit – wir starten den Versuch, den 6.830m (Westgipfel) bzw. den 6.920m hohen Hauptgipfel des Tukuche Ri direkt gegenüber des 8.167m Dhaulagiri zu besteigen.


Schon beim Zustieg zum Hochlager allerdings bemerken wir, dass sich fallweise die gesamte Schneeoberfläche mit lauten Wumm – Geräuschen setzt. Angekommen beim Hochlager müssen wir feststellen, dass eine Lawine das Lager völlig verwüstet hat. Vom Zelt sind nur mehr Fetzen und zerbrochene Stangen über, unser Kletter- und Versorgungsmaterial müssen wir in mühevoller Arbeit aus den Schneemassen ausgraben.


Nachdem entlang des Weiterweges zum Gipfel im oberen Teil ein rund 50 Grad steiler, extrem lawinengefährlicher Hang zu queren ist, fällt sehr rasch die Entscheidung, den Besteigungsversuch abzubrechen, da wir eigentlich alle wieder unfallfrei nach Hause kommen wollen. So müssen wir rund 800 Meter unterhalb des Gipfels unser Vorhaben, den Tukuche Ri zu besteigen, aufgeben und kehren ins Basislager zurück.

 

Zwei Tage verbringen wir noch im landschaftlich großartigen Hidden Valley, eher wir den langen Abstieg ins Tal durchführen. In Marpha angekommen genießen wir den einheimischen Apfelschnaps, Rokschi, getrocknetes Yackfleisch und die Gastfreundschaft der einheimischen Bevölkerung.

Groß ist dann das Hallo und riesengroß die Freude (angeblich konnten ein paar feuchte Augen auch bei den harten Bergsteigermännern beobachtet werden), als wir in Pokhara wieder unsere Petra wiedersehen. Nicht nur die gegenseitigen Berichte über die Erlebnisse, auch die Freude darüber, dass wir nun unsere Partnerin fürs Bauernschnapsen wiederhaben, lassen den Wiedersehensabend lange werden.

 

Die letzten Tage unseres Bergurlaubes füllen wir noch mit dem Besuch zahlreicher Sehenswürdigkeiten in Pokhara (etwa das International Mountain Museum) und in Kathmandu aus. Ganz besonders beeindruckt uns aber die Einladung unseres nepalesischen Begleiters Lale zu sich nach Hause zum Essen. In einem aus Wellblech selbst errichteten Haus hoch über der Stadt Kathmandu servieren uns Lales Frau und sein Sohn stolz ein mehrgängiges Abendessen, sogar Whisky haben sie extra eingekauft. Dieser Abend wird wohl für uns vier unvergesslich bleiben. Wir durften Menschen kennenlernen, die zwar materiell sicherlich arm, an Gastfreundschaft aber immens reich sind.

 

Am nächsten Tag nehmen wir dann Abschied von Shiba, dessen Agentur uns bestens betreut hatte, von Lale, unserem Begleiter und von Nepal, dem unvergleichlichen Land mit seiner grandiosen Bergwelt. Es heißt ja: „Wenn eine / r eine Reise tut, dann hat er / sie viel zu erzählen!“ Darum bitte nicht verwundert sein, wenn jemand einen von uns vier in nächster Zukunft trifft- wir haben viel, sehr viel zu erzählen.

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