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El Capitan

Stefan Brunner und Gerda Raffetseder klettern Zodiac VI 5.9 A3.

Ein großer  Wunsch geht in Erfüllung, die Rückkehr ins Yosemite Valley. Nach meiner sehr erfolgreichen Frühlingssaison im Jahr 2009, fünf Big Walls wurden von mir durchstiegen, wollte ich unbedingt zurück zum El Capitan.

Am 12 Mai 2010 war es dann endlich soweit, der Flieger nach San Franzisco hebt ab. Mit an Bord des Fliegers drei oberösterreichische Kletterer  die in der Schalterhalle, mit ihren vielen Gepäckstücken schon für Aufsehen gesorgt haben.

Das Team besteht aus Gerda Raffetseder , JohannPilz und Stefan Brunner. Alle drei mit dem Ziel, den El Cap über seine steile Südwand zu besteigen.

 

Nach einigen Yosemite Classic Climbs, zur Gewöhnung an den Granit und die Risskletterei, sind wir bereit einzusteigen. Der Wetterbericht vereitelt jedoch unser Vorhaben. Regen, sogar  Schneefall bis kurz vors Camp 4. Wir beschließen zu warten bis sich das Wetter bessert.

Ca. zwei Wochen nach unserer Ankunft lässt das Wetter auf Besserung hoffen und wir beginnen unser Material zum Einstieg der Route Zodiac zu schleppen. Johnny übernimmt den Großteil dieser mühsamen Arbeit, während ich den direkten Einstieg klettere. Der direkte Einstieg ist nicht leicht. Bis die Seillänge auf die häufiger gekletterte Linksvariante trifft,  muss ich mit Head´s, Hook´s und schlechten Riverts auskommen. Nach 30 Metern anstrengender Kletterei kann ich den ersten guten Friend legen und erstmals entspannen. Weitere 20 Meter technische Kletterei führen mich zum Stand. Eine Seillänge geklettert, noch 14 Seillängen zu klettern bis zum Ausstieg.

Ich ziehe den ersten Haulbag und die beiden Portaledges  mit einem Flaschenzugsystem hoch zu meinem Stand, danach seile ich ab.

Am Boden angekommen, warte ich mit Gerda auf Johnny, der gerade die letzte Ladung mit Verpflegung und Biwakmaterial  zu uns hochträgt. Nach Johnny´s Ankunft packen wir Haulbag Nummer zwei und ich ziehe diesen Haulbag ca. fünf Meter hoch. Nun hängt der Haulbag außerhalb meiner Reichweite und auch außerhalb der Reichweite der im Yosemite lebenden Braunbären. Die Bären sind auch der Grund warum wir den Haulbag aufgezogen haben, denn die Bären haben gelernt das man in den Haulbags und Rucksäcken der Kletterer immer einige Leckerlis finden kann.

Nachdem die Säcke nun außer Reichweite der pelzigen Riesen sind, steigen wir ab ins Camp 4, wo wir unser Basislager aufgeschlagen haben.

Am nächsten Tag regnet es. Wir beschließen einen weiteren Tag zu warten bevor wir einsteigen.

Zwei Tage nachdem wir die ersten 60 Meter fixiert haben steigen wir auf zum Einstieg der Route.

Doch was ist das?

Der Haulbag den ich fünf Meter hochgezogen habe hängt nun höchstens zwei Meter über dem Boden und er hat ein riesen Loch. Der Bär war hier!!! Verdammt! Das ist ein klarer Rückschlag! Der Haulbag kaputt, die Wasserflaschen auch und  unsere Müsliriegel aufgefressen von einem hungrigen Bären. Scheiße!

Das haut unseren Zeitplan total durcheinander. So steigen wir nicht um 7 Uhr morgens ein sondern erst gegen 11 Uhr. Kurz bevor wir drei einsteigen teilt uns Johnny mit, das er nicht mit uns klettern wird. Johnny sagt, die Bärenattacke sei ein böses Omen und für ihn Grund genug nicht einzusteigen.

 

Also steigen Gerda und ich kurz nach 11 Uhr unsere fixierten Seile hoch und beginnen zu klettern. Die Kletterei verläuft reibungslos. Gerda führt die vierte Seillänge den Rest steige ich vor. Obwohl wir erst spät mit dem Klettern begonnen haben schaffen wir an diesem Tag vier Seillängen. Am frühen Abend erreichen wir den „Black Tower“ . Da ich vom Vorjahr weiß das diese Seillänge sehr zeitintensiv ist,  biwakieren wir am Stand vor der sogenannten „Black Tower Pitch.“

 

Der Wind weht immer wieder Wasser vom nahen „Horsetail Waterfall“ auf unseren Biwakplatz. Aus diesem Grund haben Gerda und ich das „Fly“ über unser Portaledge aufgebaut. Das Fly ist ein Regenschutz der das Portaledge zum Zelt in der Verticalen macht. Im Inneren des Portaledges ist es eng, aber gemütlich! So fällt uns der Start in den nächsten Tag sehr schwer, ich glaube das alle anderen Seilschaften am El Capitan schon eifrig kletterten als wir noch gemütlich frühstücken.

Nach dem Frühstück starte ich also in die gefürchtete Seillänge. Vom Vorjahr weiß  ich noch, das ein Sturz in dieser Länge sicherlich mit Schmerzen verbunden ist. Ich klettere einen Riss der mich auf den Black Tower führt. Noch ist die Kletterei einfach und das Sturzgelände gut. Doch das ändert sich schlagartig sobald man auf dem Tower steht, ab diesem Zeitpunkt wird das Sturzgelände unangenehm! Die Kletterei wird schwieriger, die Placements halten hier nur das Körpergewicht und jeder Fehler wird mit einem Sturz auf den Tower „belohnt“!  Mit jedem Meter den ich zurücklege wird die potentielle Sturzlänge größer. Ich klettere die letzten Meter zum Stand sehr vorsichtig und dann ist es geschafft. Endlich ein Bohrhaken!

 

Gerda jümmart die Seillänge hoch während ich die Haulbags hochziehe. Es folgen weitere schwere Seillängen, wir klettern in den „Gray Circle“ bis zum Stand von der „Nipple Pitch“. Dort biwakieren wir das zweite mal. Wieder Portaledge aufbauen, diesmal ohne Fly,  denn dieses Biwak  ist sehr gut vor Regen geschützt. Zufrieden mit dem  Tagespensum, vier schwierige Seillängen (A3, A3, C3, C3), sitzen wir im Portaledge und genießen unsere Jause.

 

Am nächsten Morgen sind Gerda und ich bedeutend früher auf. Schnell frühstücken, einen Apfel  und dazu  einen Müslirigel, danach geht es schon wieder weiter. Die nächste Seillänge ist die „Mark of Zorro“,  benannt nach der markanten Felsformation der sie folgt. Ungefähr in der Mitte der Seillänge platziere ich einen Friend  nicht ganz sauber, doch er sieht aus als wäre er der Belastung gewachsen…

Ich beginne dieses Placement ganz vorsichtig zu testen. Erst ganz sanft, danach immer energischer. Mein Urteil: Kein Bomberplacement, jedoch gut genug für mein Körpergewicht. Nun verlagere ich mein Köpergewicht  ganz sachte auf die oben beschriebene Zwischensicherung. Es hält! In meinen Strickleitern arbeite ich mich soweit es möglich ist nach oben. Mein nächster  Sicherungspunkt ist ein Bohrhaken.  Ich strecke mich um ihn zu einzuhängen doch plötzlich höre ich ein metallisches Scharren und ich fliege durch die Luft. Der Friend hat also doch nicht gehalten. Nach ungefähr fünf Meter wird der Strutz von unserem Kletterseil gebremst. Nun hänge ich frei in der Luft ohne jeglichen Felskontakt, nach einem kurzen Augenblick, den ich benötige um mich zu sammeln, beginne ich mit dem Aufstieg zu der Zwischensicherung die mich gehalten hat. Wieder am höchsten Punkt angekommen heißt es diesen Friend erneut zu platzieren, diesmal aber so dass er hält! Nach ein paar Versuchen gebe ich es auf. Es muss eine andere Lösung geben! Nach gründlicher Untersuchung des Felsens finde ich sie. Diesmal lässt mich mein Hilfsmittel nicht im Stich und ich erreiche den Bohrhaken.

 

Gerda und Stefan geben Gas! Eine gemütliche Nacht am Ausstieg ruft.  Ohne Gurt, ohne Portaledge aufbauen, ohne Platzmangel. Die letzten fünf Seillängen klettern wir zügig und ohne Komplikationen.

Durch diesen flinken Kletterstil erreichen wir den Ausstieg so um 18 Uhr.

 

Glücklich fallen wir uns in die Arme.

Wir haben es geschafft. Die Zodiac liegt hinter uns. Nach einer kurzen Rast beginnen wir uns auf die Nacht vorzubereiten. Bei Sonnenuntergang genießen wir das letzte Bier zu unserer Brotzeit und lassen den Tag noch einmal an uns vorbeiziehen. Danach schlafen wir sofort ein.

 

Der nächste Tag sollte ein anstrengender werden. Das ganze Material  über den nicht ungefährlichen Steig hinunter ins Tal schleppen ist eine Schlüsselstelle, die alle Routen am El Capitan gemeinsam haben. Auch diese letzte Etappe wird von uns ohne Probleme gelöst und wir finden uns auf dem Parkplatz, der El Cap Picknik Area wieder. Von der Picknik Area sieht man den oberen Teil unserer Route, der Zodiac, sehr gut. Wir blicken zurück, gehen die Linie noch einmal durch und lassen uns dabei die heiße  Sonne auf den Rücken scheinen.

Erst kurze Zeit auf sicherem Boden schmieden Gerda und ich schon wieder neue Pläne für eine weitere Begehung des El Capitan´s.

Leider ist der Abflug schon nahe und es geht sich keine weitere Begehung mehr aus. Aber eines ist sicher, wir kommen wieder zurück zu diesem  Stein gewordenen Traum.

 

Bericht und Fotos:

Stefan Brunner

 

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Stefan Brunner ist Mitglied der Alpinistengilde, stammt aus Oberösterreich und ist staatlich geprüfter Instruktor Alpin und Instruktor Sportklettern Breitensport

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